Abrahams Matura

Als eine „Ausnahmesituation, die es zu meistern gilt“, bezeichnet Lizz Görgl Prüfungen und insbesondere auch die Matura. Die Reife bestehe nämlich nicht so sehr im Reproduzieren des Lernstoffs, sondern „sich der Aufgabe zu stellen und einen Plan zu haben, wie man diese Mammut-Aufgabe löst und selbstsicher in die Prüfung geht“ (zum Artikel).

Neben allen kleinen und großen Prüfungssituationen der Bibel sticht in diesem Zusammenhang eine besonders hervor: die Prüfung Abrahams in Genesis 22. Gott möchte, dass Abraham seinen einzigen Sohn Isaak auf einem Berg als Brandopfer darbringt. Vielen drängt sich die Frage auf, wie Gott so etwas überhaupt fordern könne. Und viel schlimmer noch: Warum Abraham der Aufforderung so ganz ohne Widerrede Folge leistet. Wenn wir bedenken, dass es ohne Isaak auch keine weitere (biblische) Nachkommenschaft gegeben hätte und so das spätere Volk Gottes schon im Keim erstickt worden wäre, wird die ganze Tragweite der Forderung bewusst.

Abraham hingegen ist die Ruhe in Person. Was ihn so gelassen bleiben lässt, scheint in seiner Antwort auf die Frage Isaaks durch, wo denn das Lamm für das Brandopfer sei. Abraham antwortet nämlich: „Gott wird sich das Lamm für das Brandopfer ausersehen, mein Sohn.“ (Gen 22,7-8). Abraham hat wohl bis zum dramatischen Schluss, als er schon das Messer erhoben hat, keinen Zweifel daran, dass Gott die Situation zum Guten führen wird. Vom rettenden Engel wird ihm auch bestätigt: „Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest;“.

Diese höchst spannend geschilderte Ausnahmesituation ist zweifelsohne die Reifeprüfung des Abraham, genauer gesagt, die Reifeprüfung seines Glaubens und Gottvertrauens. Er stellt sich der Mammutaufgabe („Hier bin ich“) und löst sie selbstsicher. Er ist sich seines Vertrauens auf Gott sicher.

Gottvertrauen kommt nicht von selbst

Es wäre naiv zu meinen, so ein Gottvertrauen käme einfach von selbst, oder von heute auf morgen. Jeder Mensch muss im Glauben wachsen und reifen. Nicht selten bleiben Menschen in den Glaubenseinsichten und Gottesbildern ihrer Kindheit bzw. Schulzeit stecken. Kein Wunder, dass sie dann im Laufe der Zeit von verschiedenen Prüfungen überfordert werden, ja sogar aus Prüfungsangst eher Vermeidungsstrategien gegenüber dem Leben und Glauben entwickeln.

  • Wie steht es mit deinem Glauben?
  • Arbeitest du täglich daran, dein Glaubenswissen zu vertiefen, deine Beziehung zu Gott zu festigen und die (Glaubens-) Prüfungen des Lebens anzunehmen?

Die Geschichte des Abraham möchte uns vor allem eines lehren: Auch wenn die Prüfung noch so schwierig erscheint, Gott wird immer rettend eingreifen. Wer darauf kompromisslos vertraut, wird dies auch erfahren. Und so sind Prüfungen nichts, wovor man Angst haben muss, sondern kraftvolle Möglichkeiten, Gottes Nähe zu spüren.

Abraham, du druckst umsunst...

In der Jesuitenapotheke von Trier findet sich dieses Bild aus dem Jahre 1710:

Jesuitenapotheke in Trier

Abraham ist im Begriff, Isaak zu opfern. Doch statt mit dem Messer zielt er mit seinem für damalige Zeiten modernen Steinschlossgewehr auf seinen Sohn. Abrahams kompromissloses Vertrauen in Gottes Rettung äußert sich auch dieses Mal bei genauem Hinsehen so unerwartet wie effektiv: „Abraham du druckst umsunst, ein Engel dir aufs Zündloch brunst.“

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Phillip Tengg
Phillip Tengg Mag. theol.

Mag. Phillip Tengg hat katholische Fachtheologie in Innsbruck studiert und ist Geschäftsführer des k+lv. Außerdem ist er Fachreferent für Jugend-Liturgie in der Diözese Innsbruck.

Dieser Artikel erscheint unter Creative Commons, BY-NC-SA.

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