Potenzialentfaltung von Anbeginn!

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DU bist gut, so wie du bist – mit all deinen Fähigkeiten und Talenten – jeden Tag. 
Schön, so etwas zu hören – nicht? Lebst DU schon in dem ruhigen Gewissen, dass das Leben dir immer die Möglichkeit bietet, dein volles Potenzial und all deine Chancen auszuschöpfen? Oder hast du bisher eher eine gegenteilige Erfahrung gemacht? 
 

Unsere hierarchische Lebenswelt

Aufgrund unseres hierarchisch strukturierten Lebens haben wir jedoch nicht immer die Möglichkeit, unser volles Potenzial auszuschöpfen, und das ist schade, wenn wir bedenken, dass wir mit einer großen Fülle an Potenzialen auf diese Welt gekommen sind. Diese Potenziale gilt es zu entdecken und zu entfalten, Tag für Tag. Doch was es dazu braucht, sind fördernde Bedingungen, die wir in unserem Lebensalltag nicht immer vorfinden. 

Potenziale entfalten

Versetzen wir uns einmal zurück in unsere Kindheit … war diese bei Dir – wie bei den meisten von uns – nicht stärkenorientiert? Unsere Fehlerkultur erlaubte es nicht, Fehler als Chance zu sehen, aus denen man lernen kann. Das ist schade, denn Kinder lassen ihrer Kreativität zunächst einfach freien Lauf und haben keine Angst, Fehler zu machen. 
Vorherrschende Umweltbedingungen und Lerngelegenheiten, mit denen Kinder aufwachsen, beeinflussen stark deren Entwicklung. Manche Erlebnisse aus frühen Jahren prägen das Verhalten bis ins Erwachsenenalter und werden meist unbewusst bzw. unreflektiert weitergegeben. 

Gerade deshalb ist es umso wichtiger, Kindern schon früh vielfältige Gelegenheiten zu geben, sich einfach auszuprobieren und selbst ihre Fähigkeiten zu entdecken, aus denen sich dann auch Fertigkeiten entwickeln. Wichtig hierfür sind ein Gefühl der Sicherheit, eine stabile Beziehung und der Glaube an die eigenen Fähigkeiten und Stärken, denn unser Selbstvertrauen sowie Selbstwertgefühl entstehen daraus.

Ein Junge sitzt barfuss auf einem Feldweg. Er trägt eine Jean, ein weißes Hemd und eine blaue Mütze und ein Lächeln im Gesicht, das zeigt, dass es ihm gut geht.
Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Stärken

Die Wichtigkeit elementarer Bildungseinrichtungen

Elementare Bildungseinrichtungen – wie Kinderkrippen und Kindergärten – stellen die ersten Bildungsinstitutionen im Leben eines Kindes dar. Durch die Bildung und Betreuung in elementaren Bildungseinrichtungen wird der Grundstein für den späteren Erfolg der Bildungs- und Berufslaufbahn gelegt. 

Der frühen Bildung in elementaren Bildungseinrichtungen kommt somit eine äußerst bedeutende Rolle zu, denn sie kann dabei unterstützen, kindliche Begabungen zu identifizieren und entsprechend zu fördern. Gerade ein ressourcen- und stärkenorientierter Blick auf das Kind ermöglicht es, dessen Fähigkeiten und Potenziale zu erkennen und gezielt zu fördern. Eine qualitätsvolle pädagogische Arbeit, welche die Stärken und Interessen fördert, schafft eine bedeutende Grundlage für die Freude am eigenen Tun. Daraus entsteht eine intrinsische Lernmotivation, aus der besondere LeistungsPotenziale entfaltet werden können.

Leider lassen im weiteren Verlauf unseres Lebens, unsere vorgegebenen und starren Strukturen nur wenig Individualität zu, wie etwa die Institution Schule bzw. Ausbildung im Allgemeinen. Unser derzeitiges Bildungssystem erlaubt keine Fehler und „arbeitet“ an Schwächen, anstatt individuelle Stärken zu fördern. Es gilt, vorgegebene Strukturen zu befolgen, der Leistungsdruck steigt und es wird wenig auf vorhandene Potenziale geachtet. Wer sich in diesem System nicht zurechtfindet, fällt irgendwann aus der Bahn. 
 

Eine Teetasse mit Eulen steht auf einem Taschenbuch und auf mehreren Unterlagen.

Bildung als Chance?

Die formale Bildung ist in Österreich noch immer Voraussetzung dafür, gesellschaftliche Chancen wahrzunehmen und dadurch soziale Risiken zu minimieren. Beruflicher Erfolg ist noch immer mit einem guten Qualifikationsniveau verbunden und Selbstbestimmung, Freiheit und ein guter Lebensstandard hängen davon ab. 

Chancen am Arbeitsmarkt

Das Risiko arbeitslos zu werden, ist laut Statistik Austria für Personen ohne Ausbildung, sechs Mal so hoch wie mit beispielsweise einem Hochschulabschluss. Das mit Abstand größte Risiko, arbeitslos zu werden, haben Personen, die maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügen. Gerade Personen, die in unserer Leistungsgesellschaft und dem starren Konstrukt der Schul- und Berufsausbildung nicht zurechtkommen, ihre Potenziale nicht entfalten können und somit weniger Chancen am Arbeitsmarkt haben, sind von einer besonderen Form der psychosozialen Zermürbung bedroht. Man kann nicht gegen seinen Willen endlos seine „Freizeit“ genießen, da man geistig träge, körperlich inaktiv und seelisch instabil zu werden droht. Im äußersten Fall verlieren Personen ohne Erwerbsarbeit ihre Kontaktfähigkeit und Selbstachtung und sind im schlimmsten Fall noch von Armut bedroht.
Und wo ist das vorhandene und wertvolle Potenzial dann hin? 

Soziale Unternehmen als Auffangbecken

Ausbildung und Arbeit sind nach wie vor das Rückgrat unserer Leistungsgesellschaft und bleiben ein psychosozialer Stabilisierungsfaktor. Für Personen, die vom Arbeitsmarkt strukturell benachteiligt werden, spielen die sozialen Unternehmen dann eine essentielle Rolle. Durch Beschäftigung, Beratung und Qualifizierung dienen sie Menschen als Auffangbecken und es wird ein Entwicklungsrahmen auf Zeit geboten. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass vorhandene Potenziale wieder entdeckt und entfaltet werden und das geminderte Selbstwertgefühl maßgeblich angehoben wird. 
 

Melanie Spanlger und ihr Zitat: Es geht nicht darum, alles zu wissen, sondern darum, was wir mit unserem Wissen und unserem Potential erreichen können!

Individuelleres Leistungssystem

Eine Gesellschaft ohne ständigen und vergleichenden Leistungsdruck könnte von Beginn an die Chancengleichheit erhöhen, denn bereits ein individuelleres und weniger starres Leistungssystem trägt positiv zur Potenzialentfaltung bei. 
Der renommierte Hirnforscher Gerald Hüther meint dazu in einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur, „dass der Mensch seine Potenziale nur in Gemeinschaft mit anderen entfalten kann. Dafür müssten sich diese aber als Subjekte begegnen. Und das sei nur in nicht-hierarchischen Strukturen möglich.“


Was es also braucht? 

Zunächst ein Umdenken, ein Aufbrechen starrer und veralteter Strukturen und neue innovative Ansätze. Unmöglich? Ich sage Nein! Ein reformiertes Bildungs- und Schulsystem ist längst überfällig, damit ALLE Bildungseinrichtungen Kompetenzorientiertes Lernen ermöglichen und fördern. Wir fokussieren uns zu sehr auf das, was wir nicht können, anstatt unseren Stärken und Potenzialen nachzugehen und diese auszuschöpfen. 

Wir sind gut, so wie wir sind – mit all unseren Fähigkeiten und Talenten – jeden Tag und das gilt es zu erkennen und umzusetzen.
 

Melanie Spangler
Melanie Spangler BA MA

Melanie Spangler, BA MA ist ausgebildete Elementarpädagogin, Früherzieherin und Sprachförderpädagogin, machte ihren Master in Alte Geschichte und Altorientalistik und bildete sich zur diplomierten Mentaltrainerin und Systemischen Beraterin weiter. Derzeit befindet sie sich am Ende ihres Doktorats und arbeitet als Geschäftsführerin von arbeit plus-Soziale Unternehmen Tirol und ist zudem Obfrau des Berufsgruppenverbandes für den elementaren Bildungsbereich. (BEB Tirol)

Dieser Artikel erscheint unter Creative Commons, BY-NC-SA.

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