Wohlfühlen in der Schule

Auch die architektonische Gestaltung kann ein wesentlicher Faktor zur Schaffung einer positiven Atmosphäre in Ausbildungsbauten sein. Dies wird in einem Interview beleuchtet und die unterschiedlichen Aspekte einer qualitativ hochwertigen Raumgestaltung besprochen und erläutert. Elke Pallhuber von AUFLEBEN.online hat sich mit den Architekten Philipp Stoll und David Jenewein vom Architekturbüro Studio 23 getroffen und darüber gesprochen, welchen Beitrag Architektur zum Wohlfühlen im Schulgebäude leisten kann. 

Lieber Herr Stoll! Lieber Herr Jenewein!

Ich danke Ihnen herzlich, dass ich heute im Studio 23 zu Gast sein darf. Sie beide sind Architekten, und auf Ihrer Website habe ich bereits gesehen, dass Kindergarten- und Schulbauten zu Ihren Tätigkeitsfeldern gehören.

Da wir uns bisher noch nicht persönlich kennen, möchte ich Sie bitten, sich kurz vorzustellen und vielleicht einige Ihrer Projekte zu nennen, um den Leser*innen einen Eindruck von Ihrer Arbeit zu vermitteln.

Philipp Stoll:
Ich bin Philipp Stoll und bin seit 30 Jahren in diesem Beruf tätig. Ich habe das Büro meines Vaters übernommen und konnte im Laufe der Jahre ein Portfolio aufbauen, das auch Schulbauten umfasst. Bereits zu Beginn war eine Schule dabei, was mich sehr gefreut hat. Mein vormaliger Studienkollege Reinhard Wagner ist dann als Partner bei mir eingestiegen, nachdem wir gemeinsam einen Wettbewerb für das akademische Gymnasium gewonnen haben.

Die langjährigen Mitarbeiter Dipl. Ing. Jenewein und Dipl. Ing.Weiss sind ebenfalls seit zwei Jahren in der Geschäftsführung tätig. Das Tätigkeitsfeld von Studio 23 erstreckt sich über verschiedene öffentliche Bauprojekte, darunter Gymnasien, Kindergärten, Kinderkrippen, Schulzentren sowie Verkehrsbauten wie Bahnhöfe und Parkhäuser.
Durch die Vielzahl an Wettbewerben im öffentlichen Bereich haben wir ein umfangreiches Fachwissen im Schulbau erworben. Dabei haben wir gelernt, auf die pädagogischen Anforderungen der Nutzer*innen – also der Lehrkräfte und Schüler*innen – flexibel zu reagieren. Wichtig ist uns, dass die Räume den pädagogischen Zielen entsprechen und die Bedürfnisse der Nutzer widerspiegeln.

Unsere Projekte sind vielfältig: vom Museum am Bergisel bis zum Haus der Begegnung für die Diözese, und wie schon erwähnt Verkehrsbauten für die ÖBB. Das Portfolio umfasst außerdem Wohnbauten, wobei dies nicht unser Hauptfokus ist.

David Jenewein:
Ich bin David Jenewein und vor etwa 20 Jahren in das Büro eingetreten. Mein Interesse galt vor allem öffentlichen Aufträgen im Bildungsbereich. Ich war damals bei der Stoll-Wagner Ziviltechnikergesellschaft tätig und konnte über Jahre an bedeutenden Bildungsprojekten mitarbeiten. Vor zwei Jahren haben wir das Büro gemeinsam übernommen und zum Studio 23 umgestaltet.
Besonders im Raum Tirol haben wir gute Erfahrungen mit Bildungsbauten gemacht. Ich schätze die Freiheit, die Wettbewerbe bieten, um innovative pädagogische Konzepte umzusetzen. Dabei ist es für uns wichtig, die Bedürfnisse der Pädagogen*innen zu berücksichtigen, die die Räume nutzen, und ihnen gleichzeitig Gestaltungsspielraum zu lassen.

Ein Blick auf den Kindergarten und die Kinderkrippe in Tarrenz. Architekt des Neubaus ist Alois Zierl. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv

Aktuelle Trends im Schulbau

Elke Pallhuber:
Vielen Dank! Ich bin für den k+lv auch viel in Tirol unterwegs. Wenn man in ein Dorf oder eine Stadt kommt, erkennt man das Zentrum oft sofort an den Gebäuden: Kirche, Gasthaus und Schule. Wenn man sich die Schulhäuser anschaut, hat man manchmal das Gefühl, man kann anhand der Architektur erkennen, in welchem Zeitraum sie gebaut wurden.

Man sieht das zum Beispiel an den typischen Fresken der 50er und 60er Jahre sowie am Baustil. Es ist faszinierend, wie sich die Architektur im Laufe der Zeit verändert hat. Welche architektonischen Trends sind momentan im Bereich Schulbau und Bildung zu beobachten?

Philipp Stoll:
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich in den letzten Jahren ein klarer Trend abzeichnet. Noch immer gibt es Schulen, die auf den Frontalunterricht ausgerichtet sind – und das hat auch seine Berechtigung. Doch zunehmend werden die Räume so gestaltet, dass sie adaptierbar sind und offene Raumbezüge ermöglichen. Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern mehr Freiheiten bei der Wahl ihrer Lernumgebung zu geben.

Ein Beispiel dafür sind sogenannte Cluster-Schulen oder Marktplatz-Situationen, bei denen mehrere Klassen um einen gemeinsamen zentralen Bereich gruppiert sind. Durch das Öffnen oder Offenlassen von Türen können Klassen miteinander vermischt werden – etwa generationsübergreifend oder jahrgangsübergreifend. Die Schülerinnen und Schüler können sich treffen, in die Klassenräume zurückziehen oder gemeinsam arbeiten.

In Bezug auf die Raumgeometrie ist ein Trend hin zu quadratischen Grundrissen erkennbar, die flexible Nutzung ermöglichen. So können Stuhlkreise eingerichtet werden, die das klassische Frontalunterrichtsmodell aufbrechen. Wichtig ist dabei auch die Transparenz im Schulhaus: Glaswände und offene Bereiche sorgen für Durchblick und eine offene Atmosphäre. Gleichzeitig ist es essenziell, Rückzugsorte zu schaffen, in denen sich Kinder und Jugendliche in kleineren Gruppen oder auch alleine konzentrieren können.

Beginnend bei Kindergärten und Kinderkrippen mit Rückzugs-Polsterecken oder Hochsitzen, geht dieser Trend bis zu größeren Mittelschulen. Dort gibt es immer wieder Nischen und Bereiche, die zum Zurückziehen einladen – für Gruppenarbeiten oder individuelles Lernen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Kontakt nach außen: Manche Schulen bieten sogenannte Freiklassen an, also Außenbereiche wie Dachterrassen oder Gärten, die für Unterricht im Freien oder Gruppenarbeiten im Freien genutzt werden können.

Diese Trends zeichnen sich durch mehr Transparenz und Offenheit aus. Es gibt kaum noch Gänge, die nur als horizontale Verbindungen dienen, sondern vielmehr fließende, offene Raumgefüge. Über mehrere Geschosse hinweg sorgen offene Lichthöfe und vertikale Vernetzungen für ein lebendiges Raumgefühl. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass akustische Überbelastungen durch geeignete Abtrennungen oder akustische Maßnahmen ausgeglichen werden, damit das Schulhaus nicht zu laut oder unruhig wird. Es soll immer noch Rückzugsorte geben, in denen man sich wohlfühlen kann.

Grundsätzlich gilt: Hinter verschlossenen Wänden passiert kaum noch etwas. Stattdessen herrscht Offenheit und Transparenz. Erfahrungsgemäß stellen sich Kinder und Jugendliche sehr schnell auf diese offene Atmosphäre ein und sind nicht mehr so leicht abgelenkt, wenn jemand in die Klasse reinschaut. Für Lehrerinnen und Lehrer ist das manchmal eine Umstellung, vor allem bei der Umgestaltung oder Erweiterung bestehender Schulen. Doch mit einer gewissen Eingewöhnungszeit und pädagogischer Vorbereitung funktioniert das gut.

Das Schulzentrum in Hall wurde vom Architekturbüro fasch & fuchs geplant. Der neue Bau bietet den Schüler*innen mitten in der Stadt einen modernen Lernort. (c) Fotokredits: Elke Pallhuber, k+lv

Bessere Lernleistungen durch Architektur

Elke Pallhuber:
Im Frühjahr war ich in Schwaz in der Johannes-Messner-Volksschule, die kürzlich umgebaut wurde. Dabei sind mir viele Dinge aufgefallen, die Sie bereits erwähnt haben: viel Glas, lichtdurchflutete Räume, die trotzdem eine angenehme Atmosphäre schaffen. Als ich die Schule betrat, hatte ich sofort das Gefühl, dass man sich dort wohlfühlen kann. Das habe ich auch deutlich an den Kindern gespürt, die dort waren.

Ich habe außerdem eine Studie aus den USA gelesen, in der belegt wurde, dass in positiv bewerteten Schulgebäuden – hauptsächlich wurden die Schüler*innen befragt – bessere Lernleistungen erzielt wurden. Es ist also klar, dass Architektur und Gestaltung von Gebäuden einen direkten Einfluss auf das Lernen haben können.

Philipp Stoll:
Ja, das ist ein ziemlich klassischer Satz, den man oft hört: „Architektur ist der dritte Pädagoge.“ Wenn der Raum stimmt, wirkt sich das positiv auf die Lernatmosphäre aus. Dabei spielen Akustik, Materialwahl und Farbgestaltung eine wichtige Rolle – wobei ich mit Farben keine grellen Buntfarben meine, sondern eher das passende Ambiente. Architektur ist ja nicht nur Material und Farbe, sondern vor allem der Raum selbst.

Wenn der Raum stimmt, wirkt sich das positiv auf die Lernatmosphäre aus.

Wenn der Raum gut gestaltet ist, entsteht ein fließendes Gefüge, ähnlich wie in einer Stadt mit Plätzen, Gassen und Seitenwegen. Es sollte sich so anfühlen, als ob man sich darin selbst zurechtfindet und es auch erobern kann. Ich glaube, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit solchen Räumen identifizieren und sich dadurch auch besser auf den Unterricht einlassen. Das wirkt sich wahrscheinlich auch auf die Lernleistungen aus, weil der Zugang entspannter ist und nicht so ein strenger Drill herrscht.

Viele von uns, die noch in älteren Schulen gelernt haben, kennen das: Es gab oft eine eher kühle, angsteinflößende Atmosphäre, die den Zusammenhalt erschwerte. Die Räumlichkeiten haben viel dazu beigetragen, eine gewisse Resistenz zu entwickeln, weil man sich darin unwohl fühlte.

Heutzutage ist es wichtig, dass die Räume offen sind – mit Glas, Durchblicken und transparenten Elementen. Das schafft eine Atmosphäre, in der Kinder und Jugendliche sich wohlfühlen, ohne sich eingeengt zu fühlen. Es darf keine Räume mehr geben, die an „Karzer“ erinnern, also dunkle, enge Kellerzellen, in denen Kinder ungern sind. Das ist vorbei und darf nicht mehr sein, weil es das Gegenteil von einem positiven Lernumfeld ist.

David Jenewein:
Ja, der Wandel, den du ansprichst, ist für uns sehr nachvollziehbar. Früher war alles sehr einschüchternd: verschlossene Türen, Frontalunterricht, strenge Atmosphäre.

Heute ist es so, dass offene Räume, die einsehbar sind, Respekt zwischen Lehrkräften und Schülern fördern. Es ist üblich geworden, dass man sich gegenseitig respektiert, auch wenn draußen jemand vorbeigeht. Das hat sich so entwickelt, und es funktioniert gut. Es lenkt nicht mehr ab, sondern schafft eine angenehme Lernumgebung.

Auch die Lehrerinnen und Lehrer mussten sich umstellen. Das ist manchmal ein längerer Prozess, vor allem bei älteren Pädagogen*innen, die an das alte System gewöhnt waren. Die jüngeren Lehrer*innen sind oft schon mit dieser offenen Atmosphäre aufgewachsen und kommen damit gut zurecht.

Ich erinnere mich noch gut an meine Schulzeit: Schule war damals nicht besonders schön, eher streng und wenig frei. Die moderne Gestaltung, auch bei Umbauten, versucht, trotz alter Strukturen mehr Freiheit und Offenheit zu schaffen.

Und zum Glück hat sich das alles geändert. Heutzutage braucht man keine Strafen mehr, weil man mit Strafen niemanden wirklich erziehen oder den Unterricht effektiv gestalten kann. Lernen geschieht heute viel mehr auf freiwilliger und interessierter Basis. Wenn man nur auf diese Weise unterrichtet, bleibt das Gelernte auch besser hängen. Man kann kein Interesse wecken oder Eigenständigkeit fördern, wenn man auf alte, starre Systeme setzt. Jeder sollte individuell unterrichtet werden können.

In einem alten System ist das natürlich kaum möglich. Ich denke, die Architektur war schon immer der erste Schritt, um Veränderungen zu bewirken. Sie sollte so gestaltet sein, dass sich beide Seiten – Lehrer*innen und Schüler*innen – umstellen können. Die Gestaltung der Räume ist fast schon selbsterklärend: Sie öffnet und lädt ein, offen zu sein. Es ist schön, wenn man in eine passende Schule reinkommt, denn dann herrscht eine ganz andere Atmosphäre.

Den Neubau der Volksschule Bach im Lechtal konnten die Schüler*innen im Herbst 2018 beziehen. Geplant wurde das Gemeindezentrum von den Architekten Scharfetter-Rier. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv
Das helle Holz strahlt Wärme und Gemütlichkeit aus. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv
Schöne Aussichten zum Lernen im Lechtal. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv

Wie Architektur die Stimmung im Raum beeinflussen kann

Elke Pallhuber:
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit nach der Hauptschule, als ich zwei Aufnahmeprüfungen gemacht habe. Eine fand in einem alten Gebäude statt, die andere in einem modern gestalteten. Ich habe damals so sehr gehofft, dass ich in dem modernen Haus aufgenommen werde, denn im alten Gebäude habe ich mich einfach nicht wohlgefühlt. Das zeigt, wie wichtig die Umgebung für unser Wohlbefinden ist.

Ich habe einen Artikel von Christian Rittelmeier gelesen, der Psychologe ist und sich intensiv mit Schularchitektur beschäftigt. Er betont, dass die Architektur einen positiven Einfluss auf die Stimmung und die Krankheitsanfälligkeit sowohl der Lehrenden als auch der Lernenden hat. In dem Artikel wird auch die Zerstörungsrate von Gebäuden angesprochen. Ich denke, wenn etwas Schönes und Neues vorhanden ist, passt man besser darauf auf. Der Zustand der Toiletten in alten Schulen ist oft ein großes Thema. Und auch das Essen in einer ansprechend gestalteten Schulmensa schmeckt einfach besser. Das kennen wir doch alle: Wir gehen lieber in Gasthäuser, die uns gefallen, weil wir uns dort wohlfühlen.

Philipp Stoll:
Das ist absolut richtig. Man muss die Architektur bis ins kleinste Detail durchdenken und umsetzen. Es geht nicht nur um ein glänzendes Äußeres, das schnell in den Hintergrund rückt. Auch die Detailausführung ist entscheidend. Natürliches Licht in den Räumen ist wichtig, ebenso wie eine gute Belüftung und eine angenehme Akustik. Auch die Farbgestaltung spielt eine Rolle.

Die Pflege der Räumlichkeiten ist ein wesentlicher Punkt. In den Klassenräumen sollten Komfortlüftungen installiert sein, um einen ordentlichen Sauerstoffgehalt zu gewährleisten und frische Luft zu bieten, die nicht durch Außenlärm beeinträchtigt wird. Die Luftwechsel müssen entsprechend abgestimmt sein, um die Verbreitung von Krankheiten, besonders in der Grippezeit, zu minimieren.

Aber auch die psychologischen Aspekte sind wichtig. Es sollte keine „Angsträume“ geben, in die man ungern geht. Verdunkelungsmöglichkeiten sind ebenfalls wichtig, besonders wenn moderne Unterrichtsmittel wie Active Boards zum Einsatz kommen. Bei aller Offenheit und Transparenz darf man das Raumklima nicht unterschätzen. Sonnenschutz und die Vermeidung von Überhitzung sind entscheidend, da die Raumtemperatur durch die Anzahl der Schüler*innen schnell ansteigt.

Das Wohlfühlen und der Gesundheitszustand der Schüler*innen werden durch all diese Faktoren massiv beeinflusst. Wenn ich mich in einer Umgebung wohlfühle und gerne mit meinen Mitschüler*innen oder Lehrer*innen zusammen bin, bin ich weniger anfällig für Krankheiten. Viele Kinder werden krank, um nicht zur Schule gehen zu müssen, was oft psychosomatische Ursachen hat.

David Jenewein:
Die Materialität und die Details, die Sie angesprochen haben, sind auch in öffentlichen Bereichen von großer Bedeutung. Egal, ob an einer Bushaltestelle oder in der Infrastruktur – wenn das Material und die Gestaltung wertig sind, wird das respektiert und weniger vandalisiert. Oft wird eine Verkleidung beschädigt, weil das Detail nicht stimmt oder die Tafel schief hängt. Wenn Schüler*innen jedoch den Wert der Materialien erkennen, achten sie auch besser darauf.

Das muss nicht das teuerste Material sein; es kann auch eine Holzverkleidung oder einfach Glas sein. Glas wird weniger beschädigt, weil die Angst besteht, dass es bricht. Letztendlich ist die Atmosphäre entscheidend – sei es beim Essen, Warten oder auf der Toilette. Die Stimmung, der Geruch und die Akustik sind wesentliche Faktoren, die den Raum prägen und seine Nutzung beeinflussen.

Die Sanierung der Volksschule Angedair trägt die Handschrift des Architekturbüros MOD aus Linz. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv
In Karres wurden Schule, Kindergarten und Gemeindezentrum 2016 neu gebaut und adapiert. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv
Einen Blick zum Wohlfühlen haben sich Schüler*innen und Schüler der PST Schwaz selber gestaltet. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv

Der Kostenfaktor

Elke Pallhuber:
Wir haben nun darüber gesprochen, dass man in einem angenehmen Umfeld besser lernen kann. Sie haben viel Erfahrung mit Schulumbauten und Neubauten. Was ist Ihnen dabei wichtig? Was sollten Gemeinden beachten? Natürlich spielt das Thema Geld oft eine Rolle, und Gemeinden sagen manchmal, dass sie nicht über die nötigen Mittel verfügen. Dennoch denke ich, dass wir bereits erwähnt haben, wie wichtig es ist, Platz, Zeit und Raum für Neues zu schaffen. Was würden Sie als Architekt den Gemeinden raten, die neu bauen oder umbauen möchten?

Phillip Stoll:
Es gibt immer einen Kostenrahmen, und die Gemeinden müssen in Bezug auf ihr Budget und die Förderungen eine gewisse Sparsamkeit an den Tag legen. Wie Herr Jenewein bereits sagte, können schlichte, unbehandelte Holz- oder Betonoberflächen verwendet werden, die einfach zu reinigen sind. Man muss nicht im Sanitärbereich in den Luxusbereich gehen; im Gegenteil, die Ausstattung sollte robust, wartungsfreundlich und benutzerfreundlich sein.

Wichtig sind die Details, insbesondere die Akustikmaßnahmen, die sowohl für Schüler*innen als auch für Lehrer*innen von Bedeutung sind. In einem Kindergarten beispielsweise ist die Lärmbelastung in einem Gruppenraum nicht zu unterschätzen. Kinder neigen dazu, mit ihren hohen Stimmen lauter zu sprechen, was die Akustik beeinflusst.

Ein Aspekt, der meiner Meinung nach in der Kosten-Nutzen-Rechnung oft unterschätzt wird, ist die Schaffung offener Raumgefüge beim Neubau. Ich nenne das – wie schon mehrfach gesagt – den „Raumfluss“. Es ist wichtig, dass man im Gebäude eine positive Aura spürt und wahrnimmt, wie die Räume miteinander verbunden sind.

Bei einem Umbau kann man, wenn es statisch möglich ist, durch das Öffnen von Trennwänden oder das Herausnehmen von Bauteilen, die durch transparente oder mobile Elemente wieder verschlossen werden, einen enormen Mehrwert schaffen. Das Licht kann in zentrale Bereiche gelangen, wenn man eine Wand entfernt und durch Glas ersetzt. So entstehen Durchblicke, die es ermöglichen, zu spüren, was in den Räumen vor sich geht. Ein geringerer Grad an Abtrennung kann also einen großen Mehrwert bieten und ist oft eine sehr gute Investition.

Natürlich hat das auch seinen Preis, aber man kann es mit Augenmaß angehen, sowohl im großen als auch im kleinen Maßstab. Man muss nicht gleich eine ganze Wand herausnehmen; es reicht oft, kleine Felder zu öffnen, die sich später leichter wieder verschließen lassen. So schafft man Transparenz und räumliche Offenheit, die sowohl optisch als auch in der tatsächlichen Nutzung den Raumfluss fördern.

Man sollte auch erwähnen, dass es extreme Beispiele gibt, die heute nicht mehr finanzierbar sind, wie die großen Hallenschulen aus den 60er und 70er Jahren, die einen neuen Standard gesetzt haben. In den öffentlichen Bereichen sollten wir keine langen Gänge, sondern breite, platzartige Bereiche schaffen, die zur Außenseite hin geöffnet sind. So entstehen Bewegungsräume, die zu den Unterrichtsräumen führen und offen gestaltet sind.

Ich glaube, dass es sowohl beim Umbau als auch beim Neubau entscheidend ist, clusterartige, marktplatzähnliche Situationen zu schaffen. Es muss nicht immer riesig sein; es gibt immer Ecken oder kleine Sackgassen, die als Rückzugsorte dienen können.

Der neue Kindergarten in Wildermieming wurde 2019 eröffnet und ist ein Ort, wo das soziale Miteinander im Mittelpunkt steht. Die Architekten Scharmer-Wurnig aus Innsbruck haben den Architekturwettbewerb gewonnen und den Bau umgesetzt. (c) Fotokredits: Elke Pallhuber, k+lv

Zusammenarbeit mit den Pädagoginnen und Pädagogen

Elke Pallhuber:
Ich habe jetzt viele schöne Bilder im Kopf. Bevor wir ganz offiziell ins Interview gestartet sind, haben Sie erwähnt, dass es einen Unterschied macht, ob man die Schule oder den Kindergarten auf einer Wiese baut, wo oft noch kein Team vorhanden ist. Sie haben auch viele Bestandsbauten und Umbauten realisiert, bei denen bereits ein Team vor Ort war. Wenn Sie nun mit den Pädagog*innen im Kindergarten oder in der Schule zusammenarbeiten, was ist Ihnen dabei wichtig?

Philipp Stoll:
Ich überlasse dir die Antwort (blickt zu David Jenewein). Aber ich möchte sagen, dass ich oft den Wunsch habe, unsere Arbeit ohne äußere Beeinflussung zu gestalten. Wir sind Fachleute für den Raum und wissen, welche Auswirkungen dieser auf die Menschen hat. Oft kommen bei Fragen, wie man etwas gestalten möchte, unbewusste Einflüsse aus der eigenen Kindheit ins Spiel, die man manchmal ausblenden muss. Es ist einfacher, wenn wir nicht lange diskutieren und dadurch eine schwierige Stimmung erzeugen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Pädagogen*innen sich mit den neuen Aspekten auseinandersetzen und nicht nur ihre eigenen Vorstellungen einbringen. Oft haben Dinge, die nicht bereits praktiziert wurden, das Potenzial, Ängste auszulösen. Wenn wir jedoch die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, können diese neuen Ansätze gut funktionieren.

David Jenewein:
Es war interessant zu beobachten, dass nicht nur die älteren, sondern auch die routinierteren Pädagogen*innen offener für Neues waren und oft sogar aktiv danach fragten. Im Gegensatz dazu müssen jüngere Kolleginnen und Kollegen erst Erfahrungen sammeln, da sie aus einem System kommen, das sie geprägt hat. Viele von ihnen haben 20 Jahre lang frontal unterrichtet und erkennen nun, dass Veränderungen notwendig sind. Es ist erfreulich zu sehen, dass diese erfahrenen Pädagogen*innen oft mehr Unterstützung bieten und ermutigen, neue Wege zu gehen.

Glücklicherweise mischen sie sich in die Planung nicht ein und vertrauen auf die Expertise der Architekten, die, wie Herr Stoll sagte, die Fachleute für den Raum sind. Auch die Kosten haben wir stets im Blick. Ich kenne keine Architekt*innen, insbesondere nicht im Bereich öffentlicher Projekte wie Schulen, die einfach einen Plan erstellen ohne Rücksicht auf die Realisierbarkeit. Es ist wichtig, dass wir Vertrauen in den Prozess haben.

Die finanziellen Mittel werden immer knapper, und es ist entscheidend, dass wir gezielt investieren, um einen Mehrwert für die Schule zu schaffen. Bei Umbauprojekten sollten wir Bereiche identifizieren, die geöffnet oder verändert werden können. Die Pädagogen*innen, die nur eine begrenzte Zeit an der Schule tätig sind, müssen sich ebenfalls mit diesen Veränderungen auseinandersetzen, damit die Schule auch in Zukunft gut funktioniert. Der Trend zum Öffnen von Schulen ist seit Jahren zu beobachten, aber die Anpassungen sind noch nicht abgeschlossen.

Philipp Stoll:
Ein wichtiger Aspekt bei der Zusammenarbeit mit bestehenden Lehrkräften ist, dass wir oft bereits in der Vorbereitungsphase der Wettbewerbsarbeiten gemeinsam arbeiten können. Es ist hilfreich, sich gute Beispiele anzusehen und mit den Lehrkräften über Probleme und Vorteile zu diskutieren. Wenn die Schulleitung offen ist, können wir gemeinsam diese Beispiele betrachten. Nicht jedes neue Projekt ist optimal, und aus der bestehenden Situation lassen sich nicht immer alle theoretisch sinnvollen Ideen umsetzen. Wenn jedoch die Lehrerschaft weiß, was sie will und bereits einige Dinge gesehen hat, ist das für uns eine wertvolle Hilfestellung. Es zeigt, dass sie engagiert sind und bereit sind, Veränderungen zuzulassen.

Es ist hilfreich, sich gute Beispiele anzusehen und mit den Lehrkräften über Probleme und Vorteile zu diskutieren.

Bei der Umgestaltung von denkmalgeschützten Schulen gibt es oft Einschränkungen hinsichtlich Raumaufteilungen und Fenstergrößen. Dennoch haben viele dieser Schulen den Vorteil, dass sie über gute Raumhöhen und -größen verfügen, was das Raumvolumen interessant macht. Ein zentraler Punkt ist die Schaffung von Barrierefreiheit, die bereits beim Zugang zur Schule beginnt. Es ist wichtig, dass alle, einschließlich Eltern mit Kinderwagen, problemlos in die Schule gelangen können. Auch im Gebäude selbst sollte ein gut zugänglicher Aufzug vorhanden sein, der beispielsweise mit einem Schlüssel für Schüler*innen und Lehrkräfte genutzt werden kann. Dies trägt dazu bei, dass sich alle in der Schule integriert fühlen.

Ein weiterer Aspekt, den man bei Umbauten nicht vernachlässigen sollte, ist die Gestaltung des Aufzugs. Er sollte nicht in einer abgelegenen Ecke untergebracht werden, sondern an einem zentralen Ort, der für alle zugänglich ist. Wenn der Platz im Innenraum begrenzt ist, können rampenartige Lösungen oder gestaffelte Bereiche eine gute Alternative bieten, insbesondere in Hanglagen.

Ein besonders kreatives Beispiel für die Gestaltung von Schulen sind mehrgeschossige Kindergärten oder Schulen, die eine Rutsche integriert haben. Solche kleinen, aber durchdachten Elemente können zu echten Anziehungspunkten werden. Sie schaffen ein Raumgefühl, das die Schüler*innen begeistert und sie jeden Tag gerne zur Schule kommen lässt, weil sie die Möglichkeit haben, einfach mal runterrutschen zu können. Solche Ideen tragen dazu bei, dass das Lernen und der Schulalltag lebendiger und ansprechender gestaltet werden.

Das Kinderbildungszentrum Lans wurde vom Architekturbüro Schwärzler geplant. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv
Die flexibel nutzbaren Räume folgen dem Prinzip des offenen Lernens und den Bedürfnissen der Kinder. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv

Die Planungen im Vorfeld

Elke Pallhuber:
Sie haben erwähnt, dass man sich im Vorfeld auch andere Projekte anschauen kann. Vor unserem Gespräch haben Sie mir den Tipp gegeben, die Webseite von Frau Ursula Spanberger zu besuchen. Auf dieser Website kann man sich sicher viele Inspirationen holen.

Philipp Stoll:
Ja, genau! Unabhängig von unserer Homepage möchte ich betonen, dass es in Österreich einige Architekturbüros gibt, die wirklich herausragende Bildungsbauten entworfen haben. Ein Beispiel dafür ist das Büro Fasch & Fuchs in Wien. Ich schätze ihre Arbeiten sehr.

In Tirol haben sie beispielsweise das große Bildungszentrum in Hall und den gesamten Schulcampus in Kampl im Stubai realisiert. Auch die neue Schule in Ellbögen stammt von ihnen. Diese Architekt*innen haben in Österreich wirklich bahnbrechende Ansätze verfolgt und eine Offenheit in die Gestaltung von Schulen gebracht, die anfangs auf Vorbehalte stieß.

Ich erinnere mich, dass es anfangs Bedenken gab, insbesondere hinsichtlich der Akustik. Einige Aspekte mussten nachgebessert werden, da offene Räume und große Glasflächen oft einen höheren Bedarf an schalldämpfenden Materialien erfordern. Dennoch ist der Raumfluss in diesen Gebäuden bemerkenswert. Man kann beispielsweise von einem allgemeinen Bereich in einen abgesenkten Turnsaal hineinsehen.

Ich kann mich erinnern, dass es zu Beginn, als solche Konzepte umgesetzt wurden, auch Bedenken gab, dass sich die Schüler*innen in diesen offenen Räumen schwerer bewegen könnten, wenn andere zuschauen. Aber ich glaube, dass die heutige Offenheit es ermöglicht, dass man quer durch die Schule, bis hin zum Turnsaal oder in die Lehrerbereiche, Einblicke gewinnen kann. Das ist ein wichtiger Punkt, und Fasch & Fuchs sind mit ihren Entwürfen in dieser Hinsicht sehr richtungsweisend.

David Jennwein:
Ein klassisches Beispiel ist nach wie vor die Ursulinen-Schule.

Philipp Stoll:
Ja, das ist wirklich ein Vorreiter. Josef Lackner hat hier Pionierarbeit geleistet und war seiner Zeit weit voraus. Einige Aspekte wurden vielleicht wieder zurückgenommen, aber die Klassenräume in der Ursulinen-Schule, die nur über Oberlichter und keine Fenster nach außen verfügen, zeigen, dass man manchmal radikale, neu definierte Entwürfe braucht, um Fortschritte zu erzielen. Josef Lackner hat in Tirol und ganz Österreich das Raumgefühl und die Atmosphäre in Schulen grundlegend verändert.

David Jenewein:
Ich denke, die Ursulinen-Schule war ein Auslöser für viele Bildungsausflüge, egal ob an der Universität oder in der HTL. Man muss sich solche Projekte anschauen, um das radikal Andere zu verstehen. Die Entwicklung zeigt, wohin es geht, bis hin zu den klassischen Hallenschulen. In Wörgl steht noch eine dieser traditionellen Hallenschulen. Die Hufnagl-Schule ist ebenfalls interessant; es ist heutzutage fast unvorstellbar, dass man so etwas in dieser Größe und Qualität noch einmal bauen würde.

Philipp Stoll:
Genau, und da kommen wir wieder auf die Kosten pro Kubikmeter zu sprechen. Es sind nicht nur die Materialien oder die Fliesen, die teuer sind, sondern der gesamte umbaute Raum. Diese Hallen haben zwar Vor- und Nachteile, aber sie haben ein neues Raumambiente geschaffen, das heute einfach nicht mehr finanzierbar ist.

Dennoch gibt es auch im kleineren Rahmen Möglichkeiten. Früher waren die Innenräume oft sehr groß und offen, aber heute können wir diese Konzepte in kleineren Volumina umsetzen. Die damaligen Pioniere haben vorausschauend die Pädagogik und das Wohlfühlgefühl in Schulen für Schüler*innen und Lehrer*innen grundlegend verändert.

David Jenewein:
Ja, die Räume sind viel offener geworden, und die Lehrerinnen sind in allen Bereichen präsent. Früher waren die Klassenräume eher wie Kammern, aber jetzt leben Schüler*innen und Lehrer*innen fast zusammen in diesen offenen Bereichen.

Weil wir das Thema Essen angesprochen haben: Früher war es unüblich, länger in der Schule zu bleiben, nachdem die Schulglocke geläutet hatte. Man ist eher schnell nach draußen gestürmt. Heutzutage ist es wichtig, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, da Nachmittagsbetreuung und Mittagstisch mittlerweile in jedem Umbau integriert werden müssen. Das war früher nicht der Fall. Viele Eltern sind beruflich nicht um 14 Uhr zu Hause, wenn ihre Kinder aus der Schule kommen. Wenn die Kinder dort betreut werden können und ihre Aufgaben erledigen, bleibt das Gemeinschaftsgefühl in der Schule erhalten. Eine offene Raumgestaltung ist dafür entscheidend, was in den alten Schulen oft gefehlt hat.

Philipp Stoll:
Das hat insgesamt viel ausgelöst und verändert. Es ist ein positiver Selbstläufer. Es ist wichtig zu erkennen, dass Kinder auch Rückzugsorte brauchen. In den letzten 50 Jahren hat sich ein Standard entwickelt, der die angesprochenen Fragestellungen berücksichtigt. Es ist allen bewusst, dass es wichtig ist, dafür Geld in die Hand zu nehmen.

Aber man kann das mit Maß und Ziel angehen. Oftmals ist es möglich, schrittweise zu arbeiten. Man kann zunächst einen Bereich umgestalten, und wenn sich das bewährt, wird der Rest oft von selbst folgen.

Der Lore-Bichl-Kindergarten in Schwaz konnte nach modernsten Gesichtspunkten und nach den Plänen von DI Erich Pichler (pichler.architekten) errichtet werden. c) Fotokredits: Elke Pallhuber, k+lv
Die Volksschule Terfens-Vomperbach gestaltet den Lernraum Schule künstlerisch und farbenfroh. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv

Was gibt es noch zu ergänzen?

Elke Pallhuber:
Ich habe jetzt so viele Aha-Momente erlebt und es war wirklich interessant, Ihnen beiden zuzuhören und von Ihrem Fachwissen zu profitieren. Ich wollte gerade fragen, ob es etwas gibt, das Sie nicht angesprochen haben, aber wo Sie das Gefühl haben, noch etwas ergänzen zu wollen?

Philipp Stoll:
Ich denke, wir haben bereits relativ viel gesagt.

David Jenewein:
Ja, jedes Projekt ist so komplex, dass man nicht zu viel darauf eingehen kann. Die wesentlichen Bereiche haben wir bereits angesprochen.

Philipp Stoll:
Ein wichtiges Thema, das ich noch ansprechen möchte, ist die Identität. Es ist entscheidend, die Verbindung zwischen innen und außen zu berücksichtigen. Es kann Bereiche in einer Schule geben, die vielleicht nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand der Pädagogik sind, aber dennoch einen Traditions- oder Erinnerungscharakter haben. Diese Qualitäten sind oft erhaltenswert. Man kann sie integrieren und als Kontrapunkt zu neuen Nutzungen verwenden. Manchmal ist es im Denkmalschutz sogar notwendig, bestimmte Elemente zu bewahren, weil sie einen besonderen Charme haben.

Die Identität der Schüler*innen in der Schule, das Gefühl „Hier bin ich zur Schule gegangen“, wird dadurch gestärkt. Oft stehen Schulen im Dorfkern, aber es gibt auch viele, die mittlerweile eher peripher liegen. Aspekte wie die Erreichbarkeit, Zufahrten und Haltestellen für Busse sind ebenfalls wichtig. In der Architektur kann man das steuern, indem man Lagepläne und ähnliche Instrumente nutzt. Es gibt Punkte, an denen man Ausblicke schaffen kann – sei es auf den Dorfkern, den Kirchturm, Berge oder Seen, die für den Ort charakteristisch sind. So wird der Kontakt zur Umgebung aufrechterhalten, und man fühlt sich nicht in einer eigenen Welt, sondern bleibt mit dem Ort verbunden.

Das kann im Burgenland ganz anders aussehen als in Vorarlberg, wo eine Bergschule vielleicht kleinteiliger und in einem Holzhaus im Ortsbild integriert ist. Es ist wichtig zu wissen, woher man kommt und wo man zur Schule geht. Diese Identität kann regional unterschiedlich gestaltet werden, spielt aber eine große Rolle in der Erinnerungskultur für die Lehrenden und Lernenden. Wenn es gut gelöst ist, führt das dazu, dass man gerne zu Jubiläen zurückkehrt und sich freut, die Schule wiederzusehen.

David Jenewein:
Genau, das ist es, was den Ruf einer Schule ausmacht. Wenn man sich trifft und das Gefühl hat, dass man Teil dieser Geschichte ist, dann ist das auch ein Verdienst des Gebäudes und der Gestaltung, die im Laufe der Zeit entstanden ist. Es ist großartig, wenn man als Architekt dazu beitragen kann, diesen Ruf mitzugestalten.

 

Der Kindergarten Wängle ist laut Leiterin Birgit Hosp zum Niederknien schön. Die Architekten Martin Reinstadler und Reinhard Wörle haben den Kindergarten aus der Perspektive der Kinder heraus geplant. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv

Schöne Ausblicke als Lernkulisse

Elke Pallhuber:
Auf jeden Fall. Ich habe gerade noch ein Bild im Kopf, weil Sie über Ausblicke gesprochen haben. Ich war in Kampl im Stubaital in dem Schulcampus, den Sie erwähnt haben. Da habe ich in der Volksschule einen Freiarbeitsplatz gesehen: Der Tisch stand am Fenster, und man hatte einen wunderschönen Blick auf den Stubaitaler Gletscher.

Und da habe ich für mich gedacht: Was ist das für ein schöner Arbeitsplatz? Welche schönen Erinnerungen hat man ans Lernen, wenn man aufsieht und in die Weite schaut – und dabei ein solches Bild vor Augen hat.

Philipp Stoll:
Genau, das sind die Punkte, die schon längst keine Kosten mehr verursachen. Wenn man das Fenster richtig platziert oder den Raum entsprechend ausrichtet, ist das eigentlich kostenneutral. Es kommt darauf an, dass man als Planer ein Gespür dafür hat und erkennt, wie wichtig die Verbindung zum Umfeld ist – sei es durch den Raumfluss, die Landschaft oder den Ortsraum. So kann man das Gebäude auch emotional verankern und unbewusst positive Bindungen schaffen.

Denn oft ist es ja so: Wenn ich draußen stehe und den Blick schweifen lasse, ist das nicht immer so bewusst wahrgenommen wie in einem Rahmen, der den Blick einschränkt – wie ein Bilderrahmen. Man bemerkt erst, wie der Gipfel dort steht, wenn er gezielt gerahmt wird. Ohne großen Mehraufwand kann man also viel bewirken und beim Menschen Emotionen und Eindrücke auslösen.

Elke Pallhuber:
Ich denke, das lassen wir als Schlusswort so stehen, weil es wirklich sehr schön zusammenfasst, was Architektur alles bewirken kann.

Vielen Dank für die interessanten Einblicke in Architektur und Schule. Ich habe Ihnen sehr gerne zugehört.
Vielen Dank für das Gespräch und Ihre Zeit!

Phillip Stoll und David Jenewein:
Gerne! 😊

Wenn der Ausblick gerahmt ist: Einen schönen Blick Richtung Stubaitaler Gletscher haben die Schüler*innen des Schulcampus Neustift. Geplant wurde der Campus vom Architekturbüro fasch&fuchs. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv
k+lv Obmann Josef Pallhuber wünschte den Lehrer*innen des Schulcampus Neustift eine gute Zeit in der neuen Schule. (c) Fotocredits: Elke Pallhuber, k+lv

Beteiligungsprozesse führen lernen: eine Weiterbildung der RAUM.WERT.akadamie

Diese Fortbildung richtet sich an Architekten*innen, Stadt- und Raumplaner*innen sowie Landschaftsarchitekten*innen, an Schulbaubeauftragte, Moderatoren*innen, Mediator*innen, Prozessbegleiter*innen, Menschen aus der Gemeinwesenarbeit und der Erwachsenenbildung, sowie Mitarbeitende von Gemeinden, Unternehmen und Bildungseinrichtungen.
Sie lädt außerdem explizit auch Menschen mit Beeinträchtigungen zur Teilnahme ein.

Gelehrt wird die von der Salzburger Architektin Ursula Spannberger entwickelte RAUM.WERTmethode. Mehr Informationen zum Inhalt und zur Organisatiion dieser Weiterbildung gibt es bei der RAUM.WERT.akademie.

Philipp Stoll
Philipp Stoll DI

Philipp Stoll ist Architekt mit 30 Jahren Berufserfahrung und hat das Architekturbüro seines Vaters übernommen. Das Tätigkeitsfeld des Architekturbüro Studio 23 erstreckt sich über verschiedene öffentliche Bauprojekte wir Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen, sowie Verkehrsbauten wie Bahnhöfe und Parkhäuser.

David Jenewein
David Jenewein DI

David Jenewein ist vor ca. 20 Jahren ins Architekturbüro Studio 23 eingetreten. Sein Interesse gilt vor allem öffentlichen Aufträgen im Bildungsbereich. In den letzten Jahren hat er bei bedeutenden Bildungsprojekten mitgearbeitet und hat besonders in Tirol gute Erfahrungen mit Bildungsbauten gemacht.

Dieser Artikel erscheint unter Creative Commons, BY-NC-ND.

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