Glosse: Ein Sandkuchen Corona-Nachwehen und der Blick zurück in die Zukunft

Möge das Bild doch nur einem utopischen Roman entsprungen sein! Social Engineeringund Maschinenformatierung von „Bildung“ (ein wenig sozial und kreativ unterfüttert) hatten einen verhängnisvollen Weg eingeleitet.

Vorher schon war Homeschooling zur elektronischen Ratingagentur geworden. Sie maß den wirtschaftlichen und sozialen Status der Kinder: Welches Kind hat bei welcher Wohnfläche jederzeit alleinigen Gerätezugang? 

Nun, es dauerte nicht lange: Eines Tages war Lehrer*in durch Maschinenlehrer*in ersetzt. Die Kinder wurden in ihrer Aufmerksamkeit in virtuellen Klassenräumen optometrisch, thermometrisch und hautwiderstandselektrisch kontrolliert. Die eingespeisten Optimierungen spiegelten ökonomisch zensurierte Curricula. Es waren digital gebahnte Schienen, sollten die Kinder doch „richtig“ denken und fühlen lernen, orientiert am Credo der wunderbaren Geldvermehrung. 

Digitalisierte Sprache (DIGISPRA) war verhüllt. Warum? Verhüllen sollte sie die totale Unterwerfung. Unterricht hatte dem System gegenüber nützlich zu sein. Staunen, Ehrfurcht, Dankbarkeit passten nicht dazu. Spaß mit Einschränkung schon, aber nur unter dem Titel besagter Nützlichkeit.

Robot-Teacher mechanisierten sogar die Gefühle der Kinder. So begann, streng formalisiert, mit Wohlfühlkuschelecken ausstaffiert, das pädagogische Zombi-Zeitalter. Die „Kommunikativkompetenzkonsensarroganz“ (Hans Czuma, 2020, S. 154) ward salonfähig geworden...

Dann wachte ich auf. Ich war an der Liegewiese am Ossiacher See. Zuviel gegessen. Spätnachmittags-Albtraum. Die Sonne hatte mich gekitzelt. Oder war es was anderes? Sonnenschirm-Nachbarskind mit Zahnlücke und Sommersprossen hatte just neben meiner kleinen Zehe Sandkuchen gebacken.

 

Literatur:

  • Czuma, Hans (2020): Versuch über Rekonstruktion (1975), in: Helmwart Hierdeis (Hg.): Hans Czuma: philosophische Texte, Innsbruck: university press, S. 23-46.

      

Peter Stöger
Peter Stöger DDr.

Peter Stöger ist Dozent am Institut für Lehrer*innenbildung und Schulforschung an der Universität Innsbruck und Buchautor.

Dieser Artikel erscheint unter Creative Commons, BY-NC-SA.

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