Die Wurzeln unserer Weihnachtsfreude

Eine Familie, eine Wurzel, eine Krippe: Was als spontaner Bastelakt begann, wurde zu einer Jahres-Adventstradition, die Erinnerung, Zusammenhalt und Zeit miteinander in den Mittelpunkt stellt. Aus Steinen, Moos und einer gefundenen Wurzel wuchs eine ganz besondere Krippe – mehr als Dekoration, ein lebendiges Symbol dafür, wie Gemeinschaft Geschichten formt und Herzen verbindet.

Unsere Krippe: Ein Schatz voll gemeinsamer Stunden

Wir waren damals eine ganz gewöhnliche Familie – Mama, Papa, unser zwölfjähriger Sohn und unsere zehnjährige Tochter. Und doch wurde in jenem Jahr etwas ganz Besonderes geboren: unsere Familienkrippe.

Eigentlich hatte unser Sohn die Möglichkeit, in der Schule am Krippenbaukurs teilzunehmen. Aber da so viele Kinder mitmachen wollten und sein Lehrer wusste, dass wir zu Hause ohnehin gerne bastelten, bat er uns, den Platz einem anderen Schüler zu überlassen. Zuerst waren wir ein wenig enttäuscht – doch dann fassten wir einen Entschluss: Wir bauen unsere eigene Krippe. Nicht allein, sondern alle zusammen, als Familie.

Die Idee war schnell gefunden: orientalisch sollte sie sein, und das Jesuskind sollte nicht in einem Stall, sondern in einer Grotte liegen. Schon im Frühling machten wir uns auf in die Karwendeltäler, um Material zu sammeln. Mit vollen Händen trugen wir Steine, Moos, Äste und kleine Pflanzenstücke nach Hause. Nur eines fehlte uns noch: eine schöne Wurzel, die unsere Grotte werden sollte.

Wir waren schon fast dabei aufzugeben, als unsere Tochter plötzlich laut rief: „I hab eppas gfundn!“ In einem ausgetrockneten Bachbett entdeckte sie tatsächlich eine Wurzel, die wie gemacht für unser Vorhaben war. Ihr Gesicht strahlte vor Stolz – und für uns war klar: Das ist das Herzstück unserer Krippe.

Zuhause begann dann die eigentliche Arbeit – und das eigentliche Glück. Es war unsere erste Krippe, also probierten wir viel aus und machten manches zum ersten Mal. Doch gerade das machte es so besonders. Wir schnitzten winzige Schindeln, verkohlten kleine Holzstücke für das Feuerholz, mauerten Häuschen aus Steinen und bastelten Palmen und Bäume. Jeder von uns brachte etwas ein, und während die Krippe langsam Form annahm, wuchs auch das Gefühl, etwas gemeinsam zu erschaffen, das uns verbinden würde.

Und dann kam uns die Idee: Unsere Krippe sollte nicht nur eine Krippe sein, sondern auch ein Adventkalender. So stellten wir sie jedes Jahr am 1. Dezember auf. Jeden Tag kamen neue Figuren dazu, bis schließlich am 24. Dezember das Jesuskind in der Grotte lag. Auch die Heiligen Drei Könige machten sich auf den Weg und erreichten am 6. Jänner die Krippe, um ihre Geschenke darzubringen.

Heute sind unsere Kinder erwachsen – 25 und 23 Jahre alt. Doch jedes Mal, wenn wir die Krippe aufbauen, kehren die Erinnerungen zurück. Wir sehen uns wieder im Karwendel wandern, Steine und Moos sammeln, hören unsere Tochter jubeln, als sie die Wurzel fand, und fühlen die Wärme jener Abende, an denen wir gemeinsam bastelten.

Unsere Krippe ist mehr als ein Schmuckstück. Sie ist ein Schatz voller gemeinsamer Stunden. Sie erinnert uns daran, dass das Wertvollste, was wir uns schenken können, nicht Gold, Weihrauch oder Myrrhe ist – sondern die Zeit miteinander. Und genau das erfüllt uns jedes Jahr aufs Neue mit Freude, wenn wir am Heiligen Abend das Jesuskind in unsere Familienkrippe legen.

Die Krippe erinnert uns daran, dass das Wertvollste, was wir uns schenken können, nicht Gold, Weihrauch oder Myrrhe ist – sondern die Zeit miteinander.

Gerhard Schatz
Gerhard Schatz

Gerhard Schatz ist seit 1995 im Tiroler Landeslehrer:innendienst tätig, arbeitet jedoch seit 2009 als Personalvertreter und Funktionär der Gewerkschaft. In dieser Funktion kümmert er sich um die Belange und Anliegen der Kolleginnen und Kollegen im Pflichtschulbereich.

Sein beruflicher Werdegang begann an der PTS und HS Paznaun. Bereits nach kurzer Zeit wechselte er an die HS Jenbach. Wie so viele Pädagoginnen und Pädagogen wurde er nicht nur in seinen geprüften Fächern – Fremdsprache Englisch sowie Geschichte und Sozialkunde – eingesetzt, sondern auch in zahlreichen anderen Unterrichtsbereichen. Diese Vielfalt hat ihm stets große Freude bereitet.

Besonders erfüllend war für ihn der Unterricht im Fach „Technisches Werken“. Die Schülerinnen und Schüler konnten in diesem Fach sehr rasch die Früchte ihrer Arbeit sehen. Zudem bot es gerade jenen Jugendlichen eine wertvolle Möglichkeit, ihre Talente zu zeigen, die in literarischen Fächern vielleicht weniger begabt waren.

Für ihn war es immer wieder schön zu beobachten, dass jedes Kind aufgrund der Vielfalt im Pflichtschulbereich die Chance hat, seine Interessen und Fähigkeiten zu entdecken.

Dieser Artikel erscheint unter Creative Commons, BY-NC-SA.

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